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Die deutsche Version zur Wahl von Essen

Für den Fall Essen hatte es ja das längere regionale und nationale Auswahlverfahren gegeben:

Hierzu das folgende eher Prozedurale:

"Bevor die EU-Gremien endgültig entscheiden, muss in einem innerstaatlichen Auswahlverfahren ein Kandidat (oder mehrere Kandidaten) gefunden werden. Die ambitionierten deutschen Städte mussten bis zum 31. März 2004 ihre Bewerbung bei der jeweiligen Landesregierung einreichen. 16 Städte und Regionen - wie zum Beispiel der "Kulturraum Mittlere Elbe" um Dessau und Wittenberg oder das Ruhrgebiet mit Essen im Zentrum - hatten dies getan.

Mit diesen Bewerbungen fiel der Startschuss für den nationalen Wettbewerb, über den das Auswärtige Amt und die Länder urteilen werden: Bis Ende Juni 2004 hatten zehn Bundesländer jeweils einen Kandidaten nominiert und ihn dem Auswärtige Amt gemeldet. Dort wurden die Bewerbungen geprüft und an den Bundesrat weitergeleitet. Dieser wird bis Ende Juni 2005 eine Vorauswahl von zwei bis vier Kandidaten treffen. Zu diesem Zweck hatte nun eine siebenköpfige Experten-Jury die deutschen Anwärterstädte besucht, unter den Jury-Mitglieder sind neben anderen der Präsident der Berliner Akademie der Künste, Adolf Muschg, und der ungarische Schriftsteller György Konrád.

Ist die Vorauswahl getroffen, werden Gesandte der EU-Organe die Kandidaten begutachten und eine Empfehlung an das Europäische Parlament, den Rat und die Kommission abgeben. Der Rat wird dann bis spätestens Ende 2006 die Entscheidung treffen, welche deutsche und ungarische Stadt sich 2010 europäische Kulturhauptstadt nennen darf."


Zu den inhaltlichen Überlegungen auch ein vielleicht wichtiger Hinweis:

Muschg: Bei Kandidatenwahl zur Kulturhauptstadt wurde kein Armuts- oder Mitleidsbonus verteilt

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Hamburg (ots) - Der Schriftsteller Adolf Muschg, Mitglied der Jury für die deutsche Kandidatenwahl zur Europäischen Kulturhauptstadt 2010, berichtet in der ZEIT über die Arbeit der siebenköpfigen Jury. Nur Essen und Görlitz können noch Europäische Kulturhauptstadt 2010 werden. Wie ist es zu dieser Entscheidung gekommen? "Tausend Kilometer im schwarzen Konferenzbus. Zehn Visitationen in fünf Tagen, jede nach gleichem Drehbuch auf drei Stunden beschränkt. Natürlich war unsere geräderte Gerichtsbarkeit bestechlich. Um es mit Brechts Richter Azdak zu sagen: Wir nahmen. Zum Beispiel erlesenes Fingerfutter während der Hearings, Stapel von nachgereichtem Material (auch teure Bildbände); vor allem nahmen wir Regenschirme."

    Muschg erzählt von den Vorurteilen, mit denen er die Reise durch die zehn Bewerberstädte antrat, insbesondere denen gegenüber der Stadt Essen: "Ich war mit schlechtem Gewissen hingekommen, traurig sicher, diese Agglomeration könne es nicht zur Kulturhauptstadt schaffen ... Nun aber geriet meine Optik in Bewegung, und zwar in der Größenordnung Bergsturz ... Eine ganze Landschaft enthüllte sich in drei Stunden als Bühne eines umfassenden Trauerspiels, dessen Besetzung - unscheinbar oder spektakulär - den Untergang verweigerte ... Was die Zeit schon abgeschrieben hatte, war ihr, als urbanistische Avantgarde, plötzlich wieder voraus. Das ehemalige Revier atmete nicht mehr Staub, sondern Zukunft." Deshalb sei sich die Jury in diesem Fall auch schnell einig gewesen.     

Muschg beschreibt die Schwierigkeiten, in einem solchen Verfahren "gerecht" zu sein: "Im strengen Stillschweigen, das alle Juroren, bis zur Schlussverhandlung in Regensburg, über ihr persönliches Ranking wahrten, lauerte auch eine still-schweigende Bereitschaft zum Verrat. Rationalisiert etwa in der Frage, ob eine bestimmte Stadt, für sich schon 'kulturell' überzeugend genug, die 'Hauptstadt' denn noch nötig habe. Andererseits: Wir hatten keinen Armuts- oder gar Mitleidsbonus zu verteilen."

ZEIT Nr. 12 vom 17. März 2005

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